Der Konkurs der Hanjin Shipping Co., Ltd.

01.03.2017

Am 31.08.2016 stellte die Hanjin Shipping Co. aus Südkorea in Seoul den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im nachfolgenden Artikel wird die Reederei vorgestellt, der Frage nachgegangen, wie es zu der Insolvenz kam und aufgezeigt, welche Folgen die Insolvenz auf die Verlader und die Spediteure hatte, welche Deckungslücken sich zeigten und ob bzw. wie diese Lücken geschlossen werden können.

Wer ist die Hanjin Shipping Co.?
Die Hanjin Shipping Co., Ltd. mit Sitz in Seoul (Südkorea) war die siebtgrößte Reederei der Welt. Mit Anfängen in 1945 wurde Frachtschifffahrt innerhalb der Hanjin Group (u. a. Korean Air, Hanjin Transport und Hanjin Heavy Industry & Construction) betrieben. In der Container-Schifffahrt war sie seit 1969 aktiv. In der Spitze verfügte Hanjin Shipping über eine Flotte von 140 Containerschiffen, Massengutfrachtern sowie Tankern und fuhr vor allem in Ostasien, nach Europa und zur amerikanischen Westküste. Dabei wurden über achtzig Häfen in mehr als 35 Ländern angelaufen. Hanjin beschäftigte insgesamt mehr als 1.500 Mitarbeiter.  

Was ist wann passiert?
Am 31.08.2016 stellte die Reederei Hanjin in Seoul einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Trotz struktureller Veränderungen, die vor über 5 Jahren bei Hanjin Shipping vorgenommen wurden, konnte das Unternehmen die einbrechenden Frachtraten in den Folgejahren nicht auffangen. Über den Verkauf von Vermögenswerten sollte eine Stabilisierung erreicht werden. Tatsächlich wurde aber die wirtschaftliche Substanz des Unternehmens mehr und mehr ausgehöhlt. Am Ende soll der Schuldenberg laut Medienberichten knapp 5 Milliarden US-Dollar betragen haben.  

Die unmittelbaren Folgen
Die Insolvenz führte dazu, dass zunächst 89 der von Hanjin betriebenen Containerschiffen und Massengutfrachtern in 26 Ländern die Zufahrt zu Häfen oder das Anlegen an Terminals verweigert wurde. Man hatte die berechtigte Sorge, dass Liege-, Entlade- oder Lagerungsgebühren nicht bezahlt würden. Gleichzeitig liefen einige Schiffe bestimmte Häfen erst gar nicht an – aus Furcht vor Beschlagnahme aufgrund älterer, noch offener Rechnungen. 
Suez- und Panamakanal verhängten Durchfahrtssperren, was zu enormen Umwegen und zeitlichen Verzögerungen führte. Waren im Wert von rund 12 Milliarden Euro waren auf 530.000 Containern über alle Schiffe der Hanjin Shipping Co. verteilt. Weltweit fürchteten Händler, in der Weihnachtszeit ohne Handys und Tablets aus Korea dazustehen.  Und die Erst- und Rückversicherer sorgten sich, auflaufende Schäden von bis zu 2 Milliarden Euro auszahlen zu müssen. Und diese lagen, von wenigen Ausnahmen des Verderbs von Waren abgesehen, im Anfall von Mehrkosten für Handling, Weitertransport und Auslöse von betroffenen Containern.

Der Schaden aus der Sicht des transportversicherten Verladers
Im Rahmen der DTV-Güterversicherungsbedingungen 2000 i.d.F. 2008 (DTV Güter 2000/2008) sind die Gefahren der Zahlungsunfähigkeit und des Zahlungsverzugs des Reeders, Charterers oder Betreibers des Schiffes von der Deckung nicht erfasst, es sei denn, der Versicherungsnehmer (= Verlader) hat die genannten Parteien (Reederei, Charterer, Betreiber) oder den Spediteur mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausgewählt. 

Sofern der Versicherungsnehmer bzw. der Versicherte der Käufer (der versicherten Ware) ist und der Kaufvertrag diesem keinen Einfluss auf die Auswahl der am Transport Beteiligten ermöglichte, besteht somit Deckung. In der Praxis ist also davon auszugehen, dass über die DTVGüter 2000/2008 Deckung für die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der Hanjin Shipping Co. besteht. Aber: Die Deckung besteht lediglich für reine Waren-, also Sach- und Verlustschäden.

Im Falle der Insolvenz der Hanjin Shipping Co. geht es jedoch hauptsächlich um entstandene Mehrkosten für Handling, Weitertransport und Auslöse von betroffenen Containern. Derartige Kosten sind zwar in den DTV-Güter 2000/2008 gedeckt, aber nur unter der Voraussetzung eines vorangegangenen ersatzpflichtigen Warenschadens, was hier jedoch nicht der Fall ist. Unter Umständen können diese Mehrkosten aber auch durch schadenabwendende oder schadenmindernde Maßnahmen bedingt sein. Spontan kann hier an den unbewachten Container auf der Kaimauer gedacht werden – auch hier ist natürlich eine Einzelfallprüfung notwendig. Ein weiteres Deckungsargument könnte z. B. die DTV Vermögensschaden-Klausel bieten. Diese bietet Deckung im Falle von Verspätungsschäden; und Verspätungs- Bei diesen zusätzlich entstehenden Kosten handelt es sich somit um einen Eigenschaden des Spediteurs, den dieser nicht an seinen Auftraggeber durchreichen kann. Solche Eigenschäden sind über die Verkehrshaftungsversicherung des Spediteurs erst einmal nicht gedeckt – es sei denn, es handelt sich wiederum um Kosten der Schadenabwehr oder -minderung – zum Beispiel zur Verhinderung eines drohenden Verderbs der Ware. Ähnliches gilt für drohende Schäden wegen Lieferfristüberschreitung, Sachsubstanzschäden oder saisonbedingter Unverkäuflichkeit der Ware. Fazit: Die Frage, ob Versicherungsschutz im Rahmen einer Versicherung, hier der Verkehrshaftungsversicherung, besteht, kann weder mit einem klaren „Ja“ noch mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Eine Einzelfallprüfung, die mit Bedingungsauslegung und Verhandlungsgeschick verbunden sein wird, ist auch hier notwendig. Kann die Lücke „Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsverzug des Reeders“ geschlossen werden? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten. Generelle Regelungen werden wohl schwer durchsetzbar sein, einzelvertraglich werden jedoch – je nach individueller Sachlage – Vereinbarungen getroffen werden können. Jedoch wird es – wie häufig – auf die Kräfteverhältnisse im Einzelfall ankommen. BE schäden waren im Falle der Insolvenz der Hanjin Shipping Co. in jedem Fall vorprogrammiert. Nur durch die Übernahme der bereits genannten Mehrkosten durch die Reederei konnten solche Verspätungsschäden abgewendet werden. Natürlich gibt es auch im Rahmen dieser Klausel den Ausschluss der Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Reeders, aber auch hier greift der Ausschluss nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Parteien (Reederei, Charterer, Betreiber) oder den Spediteur mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausgewählt hat oder wenn er bzw. der Versicherte (der Käufer der versicherten Ware) ist und er nach den Bedingungen des Kaufvertrags keinen Einfluss auf die Auswahl der am Transport Beteiligten nehmen konnte. 

Fazit:
Die Frage, ob Versicherungsschutz im Rahmen der Warentransportversicherung besteht, kann weder mit einem klaren „Ja“ noch mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Es wird immer eine Einzelfallprüfung notwendig und entscheidend sein, die mit Bedingungsauslegung und Verhandlungsgeschick verbunden sein wird. 

Der Schaden aus der Sicht des Spediteurs
Der Spediteur ist – vereinfacht ausgedrückt – ein Makler für Fracht und Frachtraum und besorgt die Versendung von Waren. In aller Regel arbeiten Spediteure als sog. „Fixkostenspediteure“, das heißt, sie haben im Vorfeld mit ihrem Auftraggeber Vergütungen ausgehandelt, die die Kosten der Beförderung bereits berücksichtigen. Es ist nun das Risiko des Spediteurs, dass die Beförderungskosten nicht höher liegen als von ihm kalkuliert. Tritt nun der beschriebene Insolvenzfall ein, hat der Spediteur die Mehrkosten zur Erfüllung seines Auftrages zu übernehmen. 

Bei diesen zusätzlich entstehenden Kosten handelt es sich somit um einen Eigenschaden des Spediteurs, den dieser nicht an seinen Auftraggeber durchreichen kann. 

Solche Eigenschäden sind über die Verkehrshaftungsversicherung des Spediteurs erst einmal nicht gedeckt – es sei denn, es handelt sich wiederum um Kosten der Schadenabwehr oder -minderung – zum Beispiel zur Verhinderung eines drohenden Verderbs der Ware. Ähnliches gilt für drohende Schäden wegen Lieferfristüberschreitung, Sachsubstanzschäden oder saisonbedingter Unverkäuflichkeit der Ware.

Fazit:
Die Frage, ob Versicherungsschutz im Rahmen einer Versicherung, hier der Verkehrshaftungsversicherung, besteht, kann weder mit einem klaren „Ja“ noch mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Eine Einzelfallprüfung, die mit Bedingungsauslegung und Verhandlungsgeschick verbunden sein wird, ist auch hier notwendig. 

Kann die Lücke „Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsverzug des Reeders“ geschlossen werden?
Diese Frage ist nur schwer zu beantworten. Generelle Regelungen werden wohl schwer durchsetzbar sein, einzelvertraglich werden jedoch – je nach individueller Sachlage – Vereinbarungen getroffen werden können. Jedoch wird es – wie häufig – auf die Kräfteverhältnisse im Einzelfall ankommen.

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