Die Veranstaltungs-Ausfallversicherung

01.02.2018

Ein Kleinod aus der Schatzkiste der Versicherungswirtschaft bewährt sich auch und gerade in Zeiten der Terrorgefahren!

Der seit mehr als 30 Jahren stetig wachsende Markt der „Entertainment-Industry“ hat uns in der Form der Veranstaltungs-Ausfallversicherung (VAV) eine Sparte beschert, die inzwischen sowohl für Privatleute als auch für gewerbliche Kunden immer interessanter wird. Waren es anfangs nur die Veranstalter von Mega-Festivals oder großen Tourneen weltbekannter Rock-, Pop- und Klassik-Stars, die sich mit dem Thema „Ausfall“ befassten, so kamen später neben kleineren Veranstaltern auch Einweihungs-Veranstaltungen z.B. großer Möbelhäuser oder Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften hinzu. Es folgten Verkaufsveranstaltungen, Seminare, firmeninterne Veranstaltungen. Inzwischen werden auch Maibaum-Feste, Studentenverbindungsfeiern, Dorf- und Feuerwehrfeste, Hochzeiten und Geburtstagsfeiern gegen einen möglichen Ausfall versichert.

Versicherungsnehmer kann also jeder werden, der ein in Geld ausdrückbares Interesse am Gelingen einer Veranstaltung hat.
Da wären zum Beispiel:

  • Tournee- und örtliche Veranstalter 
  • Eventagenturen 
  • Seminaranbieter 
  • Mittlere und große Unternehmen für firmeneigene Veranstaltungen 
  • Vereine, auch und gerade Sportvereine mit Profi-Abteilungen 
  • Cateringunternehmen 
  • Hochzeitspaare 
  • Geburtstagskinder 


Was genau ist nun eine Veranstaltungs- Ausfallversicherung?
Sie ist die Absicherung gegen einen Vermögensschaden, der dann eintritt, wenn eine Veranstaltung ausfällt, verschoben, unterbrochen oder vorzeitig beendet werden muss aus Gründen, die außerhalb der Einflussmöglichkeit des Versicherungsnehmers liegen. Vereinfacht ausgedrückt befasst sich die VAV mit den Folgen der „höheren Gewalt“. Höhere Gewalt liegt dann vor, wenn das schadenverursachende Ereignis von außen einwirkt (objektive Voraussetzung) und das schadenverursachende Ereignis auch durch die äußerste zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann (subjektive Voraussetzung). 


Welche Gefahren drohen einem Veranstalter?

  • Nichterscheinen versicherter Personen z.B. durch Unfall, Krankheit oder Tod 
  • Wegfall der Location z.B. durch einen Brand in der Veranstaltungsstätte 
  • Witterungseinflüsse, weil z.B. das Gelände nach einem Starkregen nicht nutzbar ist 
  • Eingriffe von hoher Hand wie Veranstaltungsverbote, Staatstrauer 
  • Drohende oder angedrohte Terrorakte bzw. Attentate 
  • Sonstige Ursachen, z.B. Pietät nach einem tödlichen Unfall 


Ein paar Beispiele und Erläuterungen:
Personen-Ausfall

  • Teile der Tournee von Helene Fischer fielen krankheitsbedingt aus. Die Konzerte wurden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Die Kosten für die Nachholtermine lagen bei geschätzten EUR 4,20 Mio. 
  • Zwei Tage vor der Hochzeit erkrankt der Schwiegervater in spe schwer und muss intensiv behandelt werden. Die Hochzeitsfeier wird verschoben. Die bereits verauslagten Kosten und Mehrkosten liegen bei EUR 20.000,-. 
  • Das Geburtstagkind, das sehr aufwendig seinen Sechzigsten feiern möchte, verunfallt schwer. Die Feier wird erst einmal abgesagt. Die Storni der Buchungen von Location, Hotel und Catering addieren sich sechsstellig. 


Location-Ausfall

  • Bleiben wir bei der Hochzeitsversicherung. Die Location, ein kleines Schlösschen in wunderschöner Lage im Bergischen, erleidet am Tag der Hochzeit einen kompletten Stromausfall. Klar, es muss keine Miete mehr gezahlt werden, für alles andere aber darf das Hochzeitspaar bezahlen. 
  • Eine Autorenlesung in der Stadthalle fällt aus, die Stadthalle brannte leider vier Tage vorher aus. 


Witterungseinflüsse 

  • Eine Gewerbeschau muss witterungsbedingt kurzfristig abgesagt werden. Orkanartige Winde von 13 Beauforts stellen eine Gefahr für Leib und Leben der Besucher dar. Die umsonst aufgewendeten Kosten liegen schnell bei mehr als EUR 100.000,-. 
  • Das feierliche Aufstellen des Maibaums fällt flach. Auch hier haben heftigste Winde sowohl das Aufstellen selbst als auch das Fest im Freien unmöglich gemacht. Im Schnitt liegen die Kosten bei etwa EUR 30.000,-. 


Eingriffe von hoher Hand
Ein klassischer Fall eines Eingriffes von hoher Hand war in Bayern die Staatstrauer nach dem Tod von Franz Josef Strauß. Die meisten der am Markt erhältlichen AVB’s schließen solche behördliche Veranstaltungsverbote aber bereits ein. 


Terroranschlag, Terror- und Attentatsdrohungen sowie -androhungen
Diese Gefahren wurden nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf Betreiben der Rückversicherer in allen AVB’s erst einmal ausgeschlossen. Das störte auch niemanden in Deutschland. 

Waren wir doch terroristische Anschläge seit dem „deutschen Herbst“, also Ende der sechziger Jahre gewohnt. Erst ab 2013 sprang die Nachfrage nach einem Versicherungsschutz für das Terrorrisiko an. 

Heute kann man über eine entsprechende Klausel den notwendigen Versicherungsschutz gegen eine Mehrprämie erhalten. Man sollte aber genau auf die Formulierung achten. 

Die einen Versicherer setzen immer ein behördliches Veranstaltungsverbot voraus, andere bieten für die gleiche Mehrprämie auch dann bereits Deckung, wenn die Polizei oder andere zuständige Behörden eine Terror- und Attentatsdrohung bzw. -androhung als eine Gefahr für Leib und Leben der Zuschauer oder Teilnehmer bestätigen und die Absage der Veranstaltung mindestens schriftlich empfehlen. Zwischen einem Verbot und einer Empfehlung liegen aber Welten. 


Und wie schnell es zu einem Schadenfall kommen kann, zeigt folgendes Beispiel:
Rock am Ring 2017: Weil von zwei Security-Helfern der Name falsch geschrieben war, wurde ein Terroralarm ausgelöst. Rund 87.000 Zuschauer mussten sofort das Gelände verlassen. Der komplette Freitagnachmittag (mit der Band Rammstein im Programm) fiel aus. Der Schaden lag bei EUR 1,50 Mio. 

Wegen der relativ einfachen und kostengünstigen Möglichkeit, Versicherungsschutz inkl. Terror- Deckung zu erhalten, ist die VAV jetzt auch z.B. für die Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften hochinteressant geworden und wird inzwischen auch regelmäßig abgeschlossen. 


Sonstige Ursachen:

  • Pietät: Nach dem Anschlag im Münchner Olympiazentrum am 22.07.2016 mit neun Toten und fünf Verletzten sagte der Münchner Oberbürgermeister vor der Presse, „München werde für eine Woche schweigen“. Sofort kam die Nachfrage aus dem Kreis der Veranstalter, ob denn eine Absage aus Gründen der Pietät versichert sei bzw. ob sie versicherbar wäre. Gegen Ende des Jahres kam die erste „Pietäts-Klausel“ als Erweiterung der VAV auf den Markt, Mitte 2017 hatte sich dann diese Klausel etabliert. 
  • Hochwasser / Niedrigwasser: Ein Veranstalter von Wildwasser-Kanu-Touren hatte das Problem, dass diese Touren nur stattfinden können, wenn der Wasserstand bestimmte Tief- und Hochstände nicht unter- bzw. überschreitet. Einzelvertraglich kann auch ein solches Risiko versichert werden. 
  • Hochzeitsversicherung: Für die Hochzeitsfeier wurde bei einem Hotel eine größere Anzahlung für Catering, Raummiete und Zimmer geleistet. Was ist, wenn das Hotel in die Insolvenz gerät? Normalerweise ist die Anzahlung futsch! Im Rahmen der VAV für Hochzeiten besteht aber Versicherungsschutz selbst gegen die Insolvenz von Vertragspartnern. 


Was kosten solche Veranstaltungs-Ausfallversicherungen?
Im Markt gibt es derzeit 12 Versicherer als Anbieter. Über die Jahre haben sich Durchschnittspreise entwickelt, die man durchaus für eine Schnellkalkulation verwenden kann. Die nachstehenden Prozentsätze beziehen sich auf die Versicherungssumme. Es kommt noch die Versicherungssteuer hinzu. Von Fall zu Fall lassen sich sogenannte Schadenfreiheits- Vorausrabatte aushandeln, die sind noch nicht berücksichtigt. Zunächst wird regelmäßig eine Personen-Ausfall oder eine Location-Ausfallversicherung als Grunddeckung benötigt. Die Prämiensätze hierfür lauten:
Personen-Ausfall: 1,50 %
Location-Ausfall: 1,00 % 


Über Klauseln kann nun der Versicherungsschutz maßgeschneidert werden

  • Witterungsbedingte Gefahr für Leib und Leben: 0,40 % 
  • Witterungsbedingte Nichtnutzbarkeit des Geländes: 0,40 % 
  • Erweitere Attentats- und Terror- Deckung: 0,20 % 
  • Pietätsdeckung: 0,20 % 

Die Bandbreite reicht also von einer reinen Location-Ausfallversicherung für 1,00 % bis zu einer Rundum-glücklich-Deckung für ein Open-Air-Konzert zu 3,70 %, jeweils plus Steuer. 

Übrigens, parallel zu der Entwicklung im Bereich Entertainment verlief auch die Entwicklung im Bereich Sport. Erst waren es nur die Großveranstaltungen wie Fußball-WM, Fußball-EM oder Olympische Spiele. Heute ist die reine Veranstaltungs-Ausfallversicherung auch schon in der zweiten Bundesliga angekommen. Entscheidend hierfür war die relativ einfache Möglichkeit, Versicherungsschutz gegen die Gefahren Terror und Pietät erhalten zu können. 


Fazit:
Die VAV verdient zu Recht den Namen „Kleinod der Versicherungswirtschaft“. Es handelt sich um eine „Allzweckwaffe“ mit einem sehr übersichtlichen Bedingungswerk und einem guten Dutzend Klauseln, mit denen man den Versicherungsschutz perfekt an die jeweilige Veranstaltung anpassen kann. Von ganz groß bis ganz klein kann für jede Art von Veranstaltung, vom Open- Air bis zur Hochzeit die richtige Deckung gewählt werden.

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